Die gute Hexe mit den Zauberhänden
Michaela Wanner hat ihren skeptischen Kunden Rüdiger Gramsch „im Griff“.
Von Rüdiger Gramsch
Wenn der Rücken plagt, muss es nicht immer gleich eine Spritze sein. Michaela Wanner holt Verspannungen mit ihren Händen aus dem Körper. Die Skepsis bei Rüdiger Gramsch war groß.
„Ich habe Rücken.“ Das, worunter mein Kollege, der Grevenbroicher Lokaljournalist Horst Schlemmer alias Hape Kerkeling schon chronisch litt, plagte mich auch. Und wie. Ich wusste nicht mehr wie liegen, sitzen oder stehen. Dann schleppte ich mich zum Orthopäden und ließ mir eine Spritze geben. Der Schmerz ließ zwar nach und die Bewegungsmöglichkeiten kamen zurück, doch ausgestanden war das noch nicht. Durch Zufall lernte ich wenige Tage später Michaela Wanner kennen. Sie meinte, mir bei meinen Rückenschmerzen helfen zu können. Zwei Tage später klingelte ich in Eschenbach bei ihr an der Tür.
Michaela Wanner führte mich in ihren hellen Wellnessraum und gleich in eine andere Welt. Verschiedenerlei Grün an den Wänden, Grünpflanzen, wohlduftende ätherische Öle, brennende Teelichter und leise Entspannungsmusik im Hintergrund dominieren den Raum, an dessen einer Wand noch ein großer Schubladenschrank steht, wie man ihn aus Apotheken kennt, und der - als Deko - von einer Reihe leeren Medizinflaschen gekrönt wird.
Inmitten des Raums eine Liege und etwas seitwärts ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen. Ich darf Platz nehmen und Michaela Wanner schenkt mir ein Glas Wasser ein. „Wenn es draußen kalt ist, gibt es auch gerne einen Tee“. Aber heute ist es draußen nicht so kalt.
Ganz natürlich regt sie mich zu einem Gespräch an und ich beginne, über meinen Alltag zu erzählen, dass ich zeitlebens noch nie bei einer Massage war, ich bei der Arbeit viel sitze, viel zu wenig Bewegung habe. Und im Fitnessstudio war ich auch schon länger nicht mehr.
Zwischendrin erzählt sie mir, was sie gleich mit mir machen wird. Auf jeden Fall keine Massage. Aha. Und Poloshirt, Hose und Strümpfe darf ich anlassen, lediglich aus den Schuhen muss ich raus, den Gürtel von der Hose abnehmen – es soll beim Liegen nichts zwicken – und den Geldbeutel, Schlüsselbund und das Handy aus den Hosentaschen nehmen.
Dann darf ich auf die Liege. Sie ist angenehm hart. Michaela – nach dem Glas Wasser waren wir beim vertrauten Du - legt mir große Kissen in die Kniekehlen und packt mich in eine Decke ein. Wie soll das alles meinem Rücken helfen? Worauf habe ich mich da eingelassen?
Michaela startet ihr Wellness-Programm, das auf Elementen der Cranio-Sakral-Therapie beruht, an den Füßen. „Da fange ich immer an“, sagt sie und arbeitet sich dann über Waden, Oberschenkel, Becken und Brustkorb weiter bis zu Schultern und Kopf hoch.
Autsch! Michaela hat mit den Fingern ihrer Hände einen „wunden“ Punkt in meinem Rücken ertastet. Gut so, sie bleibt auf dem schmerzhaften Punkt. Eine Verspannung. Michaela verharrt dort ein paar Minuten und ich kann spüren, wie sich diese Verspannung auflöst. Michaela findet noch viele Aua-Punkte im Rücken und ich genieße es zu erleben, wie diese Schmerzpunkte wie von Zauberhand im Nichts verschwinden.
Mit dem Gedanken, wie sich nachher ein vielleicht schmerzfreies Aufstehen anfühlt, nicke ich entspannt ein. Minuten später wache ich von meinem eigenen Schnarchen wieder auf. Wie peinlich. Michaela lacht. „Das macht doch nichts.“ Später erzählt sie mir, dass die meisten Menschen, die bei ihr auf der Liege berührt werden, entspannt einschlafen. So soll bzw. kann das ruhig sein.
Michaela leistet bei mir ganze Arbeit. Jahrzehnte alte Verspannungen lassen sich nicht so eben mal wegtasten. Viele davon, erzählt sie mir, lägen schon ziemlich tief. Ich bin verblüfft über Michaelas „Verstehen“. „Ist sie eine gute Hexe? Eine gute Hexe mit Zauberhänden?“, frage ich mich.
Michaela tastet sich über die Schultern und den Nacken an den Hinterkopf hoch. Die Verspannungen weichen, das spüre ich. Ein tolles Gefühl macht sich in mir breit. Gleich, beim Aufstehen, werde ich es merken, ob der Besuch hier erfolgreich war und mich Michaela zu ihren zufriedenen Kunden zählen darf.
Doch so schnell geht das nicht mit dem Aufstehen. Zunächst zählt Michaela nochmal den Weg auf, den ihre Hände unter meinem Körper gegangenen sind, dann entfernt sie die Decke und die Kissen unter den Kniekehlen und bittet mich, mich erst auf die Seite zu drehen, einen Moment zu warten, um mich dann aufzurichten und, die Beine baumelnd, in Sitzposition auf der Liege zu verharren. „Das Gewicht muss sich im Körper erst wieder langsam setzen“, sagt Michaela und steht genau hinter mir auf der anderen Seite der Liege. Erst dann darf ich mich wieder hinstellen und spüre im ersten Moment, wie wackelig ich noch bin, wie nach und nach mein Gewicht auch wieder die Beine und Füße stabilisiert. Noch so ein Phänomen, über das ich grüble und dabei schier vergesse, wie meinem Rücken die Behandlung bekommen ist. Ja, wo sind die Schmerzen hin? Ich spüre sie nicht mehr. Vergeblich versuche ich mich daran zu erinnern, wann ich das letzte Mal ohne Schmerzen aufgestanden bin?
Ich bin begeistert. Und während ich den Gürtel durch die Laschen am Bund meiner Hose ziehe, sitzt Michaela schon wieder an dem kleinen Tisch und schenkt mir noch ein Glas Wasser ein. „Der Körper braucht jetzt Flüssigkeit“, sagt sie mir und ich proste ihr auf den Erfolg ihrer sanften Berührung mit dem Glas Wasser zu.
Neugierig wie ich bin, will ich natürlich wissen, wie sie die Verspannungen aus dem Körper herausholt und ob ihr nicht die Finger wehtun, wenn eine Stunde lang da einer wie ich mit meinem Gewicht darauf liegt? Michaela schüttelt den Kopf. Nein. Ihr tun die Finger nicht weh, da sie unter meinem Rücken keinen Gegendruck zu meinem Gewicht aufbaut. Ahja!
Und wie findet sie die Stellen, die so verspannt sind? Da kommt die Cranio-Sacral Therapie ins Spiel. Die beruht unter anderem auf der Annahme, dass der „Cranio-Sacrale Rhythmus“ am ganzen Körper spürbar ist und sich somit Blockaden und Verspannung ertasten lassen. Michaela baut Erkenntnisse aus dieser Therapie in ihre Wellnessbehandlung ein.
Um Erfolg zu haben, brauche sie eine feine Wahrnehmung, eine achtsame Präsenz und eine „innere Leere“. Leer zu sein, um sich voll und ganz auf die feinsten Bewegungen und dem Kunden auf der Liege einlassen zu können, müsse man trainieren, versichert mir Michaela.
Ich höre gebannt zu. Ihr Angebot sei gut gegen viele Schmerzen, erzählt Michaela. Selbst Menschen, die unter Arthrose leiden, hätte sie zu Schmerzlinderung verhelfen können und berichtet mir von weiteren Anwendungsmöglichkeiten.
Ich halte mein Glas Wasser in der Hand und merke, dass ich ohne Schmerzen im Rücken da auf dem Stuhl sitze. Wie oft muss man diese Wellnessbehandlung denn wiederholen, frage ich vorsichtig? Normalerweise reicht eine Sitzung aus, um die Verspannungen zu lösen, allerdings sollte man sich dann einmal im Jahr oder alle paar Monate ein weiteres Wellnessprogramm gönnen.
Mich will sie allerdings in ein paar Wochen schon wiedersehen, denn all meine über Jahrzehnte angehäuften Verspannungen habe sie beim ersten Mal nicht alle wegbekommen. Den zweiten Termin machen wir gleich aus. Michaelas Wellnessprogramm ist prima. Seit ich vor Monaten das zweite Mal bei ihr war, kenne ich keine Rückenschmerzen. Wenn das Horst Schlemmer wüsste. Im neuen Jahr gönne ich mir bei Michaela wieder etwas Gutes.
Kontakt zu Michaela Wanner: Raum für neues Körperbewusstsein, Amselweg 10, 73017 Eschenbach, Mobil: 0171 6274008; Mail.