Das Berliner Testment hat auch Tücken

Das Berliner Testament ist die unter Eheleuten beliebteste Testamentsform. Bei richtiger Gestaltung ist es ein sinnvolles Instrument zur Regelung des eigenen Nachlasses.

Wenn Eheleute gemeinsam ihre Erbangelegenheiten regeln, greifen sie häufig auf das so genannte Berliner Testament zurück. Dabei setzen sie sich gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmen so genannte Schlusserben, in der Regel die gemeinsamen Kinder, die nach dem Tod des Längerlebenden den verbleibenden Nachlass erhalten. 

Stirbt ein Ehepartner, erbt der überlebende Ehepartner also zunächst alles, nach dessen Tod erben dann die Kinder.  „Für viele Familien ist dies eine wirtschaftlich sinnvolle und auch zwischen den Generationen weithin akzeptierte Gestaltung“, berichtet Stephanie Reber, Notarassessorin an der Landesnotarkammer Bayern. „Der längerlebende Ehepartner soll wirtschaftlich abgesichert werden und die Kinder erhalten zum Schluss das verbleibende Vermögen der Eltern.“ Den größten Vermögensposten von Eheleuten bilden oft Immobilien. 

In Zeiten steigender Immobilienpreise wird vom Berliner Testament immer häufiger mit der Begründung abgeraten, dass dieses erbschaftsteuerlich nachteilig sei. Da die Kinder beim Tod des ersten Ehegatten nichts erben, würden deren steuerliche Freibeträge von derzeit 400 000 Euro je Kind nicht ausgeschöpft und damit quasi „verschenkt“. „Dies ist zwar im Ansatz richtig, da die Kinder ausschließlich Erben des längerlebenden Elternteils werden“, führt Reber weiter aus. „Man sollte aber genau die vorhandenen Vermögenswerte und mögliche steuerliche Privilegierungen z. B. bei selbstgenutztem Wohneigentum prüfen, bevor ein steuerlicher Änderungsbedarf angenommen wird.“

Zudem gibt es selbst bei einem größeren Vermögen Wege, das Berliner Testament steuerlich sinnvoll zu gestalten und gleichzeitig dem überlebenden Ehepartner weitgehende Entscheidungsfreiheit einzuräumen. So kann beispielsweise geregelt werden, dass die Kinder und/oder Enkelkinder beim Tod des ersten Elternteils bereits Vermögenswerte im Wege eines so genannten Vermächtnisses aus der Erbschaft erhalten, was dazu führt, dass steuerliche Freibeträge genutzt werden. Ferner kann die lebzeitige Schenkung von Vermögenswerten ein effektives Mittel zur Senkung der Erbschaftsteuerlast sein.

Bei Fragen zur Testamentsgestaltung  ist eine rechtliche Beratung sinnvoll, auch deshalb, weil ein Ehegattentestament weitere Fragen aufwirft. Das Berliner Testament in seiner herkömmlichen Form führt beispielsweise dazu, dass die Kinder beim ersten Todesfall enterbt werden und einen Pflichtteilsanspruch geltend machen könnten. Dieses Risiko kann allerdings durch geschickte Gestaltung des Berliner Testaments erheblich gemindert werden.

Außerdem erzeugt das Berliner Testament oftmals eine Bindungswirkung für den überlebenden Ehegatten. Sind zum Beispiel die gemeinsamen Kinder als Schlusserben eingesetzt, kann ein Ehegatte das Testament nach dem Tod des anderen in der Regel nur ändern, wenn sich die Eheleute diese Änderungsmöglichkeit im Testament ausdrücklich vorbehalten haben. Selbst bei geänderten Lebensumständen wie der Wiederverheiratung oder gar der Geburt weiterer Kinder können die testamentarischen Regelungen nicht mehr angepasst werden. „einen Notar kann somit helfen,

Der letzte Wille

Von Manuela Brandenburger

Zur Beschäftigung mit der eigenen Vergänglichkeit gehört auch das Thema Nachlass. Wer sicher sein will, dass sein letzter Wille wirklich umgesetzt wird, sollte sich von einem Fachmann beraten lassen, denn die Fallstricke lauern im Kleingedruckten.

Laut einer Studie des Statistischem Bundesamts von 2020 hatte nur knapp die Hälfte der Gestorbenen ein Testament oder einen Erbvertrag aufgesetzt. Ohne solch ein Dokument greift die gesetzliche Erbfolge, die die Erben in so genannten Ordnungen entsprechend ihres Verwandtschaftsverhältnisses einteilt. Zur ersten Ordnung gehören Kinder, Enkel (wenn die Kinder gestorben sind) und Ehepartner, zur zweiten Ordnung Eltern, Geschwister sowie Nichten, Neffen und deren Kinder. Die Erbfolge-Regel legt fest, dass, soweit ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, er alle Verwandten nachfolgender Ordnungen ausschließt. 

Was auf den ersten Blick unproblematisch wirkt, wird in der realen Abwicklung oft zum Problem. Wer erbt wieviel oder was passiert mit Wertgegenständen oder der Immobilie?  Uneheliche Lebenspartner haben zum Beispiel keinen Anspruch auf das Erbe. 

Dr. Tobias Kobitzsch, Notar aus Ebersbach, weiß aus der Praxis, wie wichtig ein geregelter 

Nachlass ist: „Bei einem Erbe geht es neben den materiellen auch um die emotionalen Werte. Das birgt Sprengstoff, vor allem wenn es Brüche oder schwelende Konflikte in der Familie gibt“. Der makabre Witz: „Redet ihr noch miteinander oder habt ihr schon geerbt“, bringt das Streitpotenzial auf den Punkt. Hinzu kommt, dass die Familienverhältnisse durch Scheidungen, Wiederheirat und Patchworkkonstellationen immer unübersichtlicher werden.

Entschlossen handeln
„Die Themen Testament und Vorsorge werden auf die lange Bank geschoben, weil man denkt, noch lange Zeit zu haben und sich nicht mit dem eigenen Tod beschäftigen möchte“, erklärt Dr. Kobitzsch (kleines Foto)  den Fakt, dass so viele immer noch den Gang zum Fachmann scheuen. Dabei trägt die aktive Nachlassgestaltung neben dem Familienfrieden auch dazu bei, den Besitz bestmöglich zu verwalten und zum Beispiel. Steuerfreibeträge auszunutzen. „Schenkungen zu Lebzeiten sind eine Möglichkeit, das Vermögen seinen Wünschen entsprechend zu verteilen“, so Kobitzsch. 

Im Zusammenhang mit dem Testament rät er zudem zu einer General- und /oder Vorsorgevollmacht. Darin werden die Personen benannt, die den Willen des Vollmachtgebers vertreten, wenn dieser durch Krankheit oder Unfall nicht mehr dazu in der Lage ist. „Viele denken, dass Ehepartner oder Kinder automatisch vertretungsbefugt sind. Dabei können Angehörige ohne Vollmacht weder das Vermögen verwalten noch Verträge kündigen oder über medizinische Eingriffe entscheiden“. Dr. Kobitzsch‘ dringender Appell: „Treffen Sie Ihre Entscheidungen selbstbestimmt, sonst kommt eine dritte Instanz ins Spiel“.

Das Testament kann ab 18 Jahren auch in Eigenregie verfasst werden. Dabei ist wichtig, dass es von Hand geschrieben wird, mit Ort, Datum und Unterschrift versehen ist sowie eine eindeutige Überschrift trägt, zum Beispiel „Testament“ oder „Mein letzter Wille“. In jedem Fall rät Dr. Kobitzsch auch bei einem handschriftlichen Testament zur Prüfung durch einen Notar oder Anwalt für Erbrecht: „Die richtigen juristischen Begriffe sind wichtig, um Zweideutigkeiten zu vermeiden. In meinem Arbeitsalltag erlebe ich oft, dass das, was man schriftlich fixiert hat, nicht hieb- und stichfest ist. Meine Arbeit ist es, die Wünsche des Klienten in eine rechtssichere Form zu gießen und ihn – gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit einem Steuerberater – auf steuerliche Aspekte hinzuweisen.“